Ein Jahr Haiti Erdbeben

Wirbelsturm "Tomas", eine verheerende Cholera-Epidemie und Unruhen nach den Präsidentschaftswahlen ließ das Land in die Apokalypse taumeln. Sabine Wartha, Leiterin der Caritas-Katastrophenhilfe, hat dennoch Hoffnung für Haiti. Der Wiederaufbau sei voll im Gange, man müsse jedoch viel Geduld haben und politische Strukturen festigen. Denn die große Masse kämpfe nach wie vor ums Überleben.

Dreimal war die gebürtige Tirolerin in diesem Jahr im westlichen Teil der Insel Hispaniola. "Haiti war schon vor dem Erdbeben sehr sehr arm." Was erschwerend hinzukam: Jahrzehntelang hat die Welt weggeschaut, gestürzten Diktatoren immer wieder Unterschlupf geboten und das Schicksal der Einwohner negiert. "So ein Land kann man nicht in einem Jahr wieder aufbauen. Wie soll das auch gehen, nach all den Versäumnissen der vergangenen 50 Jahre?", so Wartha im APA-Gespräch. Entsetzliche sanitäre Zustände sowie ein Gesundheitssystem, das diese Bezeichnung nicht verdient, waren schon vor dem 12. Jänner traurige Realität.

So zynisch das klingen mag, aber die mediale Welt schaut offenbar nur dorthin, wo es ganz plötzlich ganz viele Tote gibt. Wartha: "Das hat mich zum Beispiel bei Pakistan gestört. Dort sind der Flutkatastrophe zwar nicht so viele zum Opfer gefallen wie dem Erdbeben in Haiti, doch von den Spätfolgen sind 20 Millionen Menschen betroffen. Oder Darfur, Somalia, Süd-Sudan - wer denkt denn heute noch an diese vergessenen Krisen?" Ihre Kritik richtet sich auch an die Regierungen: "Die NGOs können das nie leisten, wenn die Politik versagt."

In Haiti gibt es nicht nur keine politische Stabilität; es gibt auch praktisch keine Infrastruktur, keine funktionierende Wirtschaft und keinen Arbeitsmarkt im klassischen Sinne - der Karibik-Staat ist auf allen Ebenen zerstört. Doch genau da knüpft Wartha ihre Hoffnungen an. "Es wird weitergehen, es wird bessere Baumaterialien geben und es wird von der Politik festgelegte Regeln geben. Das wird dauern, aber das muss auch dauern, alles braucht seine Zeit."

Spenden sind für Wartha gerade deshalb ein unverzichtbares Teilchen im Hilfs-Puzzle für Haiti. "Die Bedürfnisse der Menschen sind dort exakt die selben wie überall anders auf der Welt. Sie wollen ein Dach über dem Kopf, sauberes Wasser, genug zu essen und medizinische Versorgung. Jede Spende ist ein kleiner Schritt Richtung Normalität. Außerdem merken die Menschen, dass man an sie denkt, dass sie nicht alleine sind."

Die Zahlen sprechen für sich: Bis jetzt wurden von der Caritas Österreich 250.000 Menschen mit Nothilfepaketen versorgt, 6.500 Kinder gehen wieder in die Schule, 500 Familien bekommen bis zum Frühling feste Häuser, bis zu 1.500 Familien eine neue Lebensgrundlage. Die Caritas hat insgesamt 17 Millionen Euro an Spenden erhalten, davon fünf Millionen aus dem "Nachbar in Not"-Topf und 2,4 Millionen aus dem Ausland. 5,5 Millionen Euro sind in Soforthilfe sowie Projekte investiert worden, 10,9 Millionen sind bereits fix verplant. Soll heißen: Spenden kann weiterhin nicht schaden. (APA)

 

9.1.2011: Zusammen bauen - Haiti, ein Jahr nach dem Erdbeben
Ein Film anlässlich des ersten Jahrestages des Haiti-Erdbebens vom 12. Januar. Dieser Film beleuchtet die Aktivitäten des internationalen Caritasnetzwerks (ein Verbund von 165 gemeinsam arbeitenden katholischen Wohlfahrtsorganisationen), und die großzügige Unterstützung unserer Spender für den Wiederaufbau in Haiti.

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