Am Freitag, den 11. März gegen 14.45 Uhr Ortszeit (06.45 Uhr MEZ) ereignete sich ein Erdbeben der Stärke 9 mit einem anschließenden Tsunami. Das Epizentrum lag 130 Kilometer östlich der Stadt Sendai und knapp 400 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Tokio.
Nachdem es bereits am Samstag (13.3) im Atomkraftwerk Fukushima I, 250 Kilometer von Tokio entfernt, zu einer Explosion kam, bei der das Dach und die Mauern des Reaktorgebäudes zerstört wurden, fiel am Sonntag in einem weiteren Kernkraftwerk, dem AKW Tokai, das Kühlsystem aus. Die Regierung schloss nicht aus, dass es in zwei Atomreaktoren des stark beschädigten Meilers Fukushima zu einer Kernschmelze gekommen ist. Zudem drohe in Block 3 der Anlage eine ähnliche Explosion wie am Samstag in Block 1, als das Betongehäuse einstürzte, sagte Kabinettschef Yukio Edano. Die Stahlhülle des Reaktorkerns blieb aber nach Angaben der Regierung intakt. Infolge des Erdbebens waren die Kühlsysteme ausgefallen. Dadurch besteht das Risiko einer Kernschmelze oder Super-GAU (GAU = Größter anzunehmender Unfall). Davon sprechen Experten, wenn es wegen mangelnder Kühlung zum Schmelzen des Reaktorkernes kommt: der denkbar größte, nicht mehr beherrschbare Unfall. Die Atomkatastrophe ist jetzt schon die schlimmste seit dem Tschernobyl-Unglück vor 25 Jahren.
Die Suche nach Überlebenden geht indessen fieberhaft weiter. Erschwert wurde die Arbeit der Rettungskräfte durch starke Nachbeben. Laut UN OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) wurden bisher rund 380.000 Menschen aus den Zonen evakuiert, die von Erdbeben und Tsunami betroffen sind. Zusätzlich wurden laut der International Atomic Energy Agency (IAEA) mehr als 200.000 Menschen aus dem 20km Umkreis des Kraftwerkes Fukushima evakuiert.
Mehr als 5 Millionen Menschen waren ohne Strom und mindestens 1,4 Millionen Menschen ohne Wasser. Mehr als 20.000 Gebäude wurden zerstört. Bei dem Erdbeben und dem anschließenden Tsunami kamen vermutlich mehr als 10.000 Menschen ums Leben. Bestätigt wurden seitens der japanischen Regierung bisher 1600 Todesopfer. Sobald die Notfallteams alle betroffenen Regionen erreichen, wird diese Zahl voraussichtlich nach oben hin revidiert werden.
Derzeit verteilen der japanische Katastrophenschutz neben den üblichen Nothilfegütern (Nahrungsmittel, Trinkwasser, Decken, medizinische Hilfsmittel) auch Gas. Laut UN-Angaben der Regierung ging mehr als 3 Millionen Menschen Gas (als Heizmaterial) aus, was besonders drastisch ist, da derzeit auch in Japan Winter ist und die Temperatur selten mehr als 1 Grad Celsius beträgt.
Japan hat die Europäische Union gebeten, bis auf weiteres keine Experten, keine Ausrüstung und keine Hilfsteams mehr ins Land zu schicken. Nach Angaben eines Sprechers der EU-Kommission vom Montag in Brüssel begründete die Regierung in Tokio dies mit der Schwierigkeit, die Helfer in das Katastrophengebiet zu bringen. Experten der EU-Behörden für Katastrophenhilfe stünden bereit, um mögliche Hilfe in die Wege zu leiten. Sie warteten nun zunächst ab. Nach Angaben der Kommission haben bisher 20 EU-Staaten Material und Personal für Hilfe in Japan zur Verfügung gestellt. Dabei gehe es unter anderem um Wasseraufbereitungsanlagen, Notunterkünfte und Feldlazarette.
Die internationale Erdbebenhilfe für Japan nimmt Fahrt auf: Rettungsmannschaften aus den USA begannen am Montag mit der Suche nach Vermissten im vom Beben und Tsunami zerstörten Nordosten des Landes. Zudem beraten die USA Japan in Fragen der atomaren Sicherheit. Ein chinesisches Rettungsteam nahm ebenfalls seine Arbeit auf. "Wir werden Japan weitere Hilfe zur Verfügung stellen, wenn dies nötig ist", sagte der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao. Südkorea schickte am Montag 102 Helfer nach Japan. Mehr als 70 Länder erklärten, dem asiatischen Land beistehen zu wollen und boten Unterstützung an. Aus mindestens zwölf Ländern sind bereits Hilfsteams in Japan eingetroffen. Aus Deutschland sind beispielsweise Spezialisten des Technischen Hilfswerkes im Einsatz.