Edith Pinter und Uli Kempf am Podium der Pressekonferenz

Armut im Burgenland: Menschen ohne Netz

„Über 33.000 BurgenländerInnen gelten nach den europäischen Richtlinien als einkommensarm“, erläutert Caritas Direktorin Mag.a Edith Pinter zum Auftakt der diesjährigen Spendensammlung für Menschen in Not im Burgenland. 

Belastungen steigen

„Die Situation hat sich für die Menschen am Rande der Gesellschaft in den letzten Jahren leider nicht verbessert. Schuld daran sind unter anderem die Steigerungen bei den Wohnkosten. Allein in den letzten drei Monaten sind die Mietpreise um fast 5 Prozent gestiegen. Der Durchschnittspreis für eine 2-Zimmerwohnung kalt liegt bei 580 Euro, dazu kommen noch die Betriebs- und Heizkosten. Aktuell liegt die Armutsgrenze in Österreich bei 995 Euro im Monat. Da bleibt nicht viel zum Leben“, rechnet die Caritas Direktorin vor.
Unvorhergesehene Anschaffungen, wie eine neue Waschmaschine, ein Kühlschrank oder ein Herd, werden für viele zum Stolperstein in die Schuldenfalle.

„Und plötzlich hat das Geld für die Miete nicht gereicht!“ schildern viele KlientInnen in den Caritas Not- und Sozialberatungen ihre verzweifelte Situation kurz vor der Delogierung.
Besonders dramatisch ist die Situation vieler Mütter in Not im Burgenland:
Sie gehören zu den wesentlichen Risikogruppen für Armut und Ausgrenzung.
„Die Frau übernimmt noch immer die Hauptverantwortung für das Familienmanagement: auf ihr lastet die Pflege der Alten und die Erziehung der Jungen. Dafür stellen viele ihre Ausbildung und ihre berufliche Weiterentwicklung zurück. 85 Prozent der Frauen im Burgenland sind in Teilzeit beschäftigt. Dies ist deutlich höher als der österreichische Durchschnitt von rd. 80 Prozent. Sie verdienen deutlich weniger und bekommen daher auch ein geringeres Arbeitslosengeld und schlussendlich auch eine kleinere Pension.

Allein und ohne Netz

In einer stabilen Beziehung ist dieses soziale Engagement der Frauen für viele sehr wertvoll. Scheitert die Ehe und bleibt die Frau als Alleinerzieherin ohne fertige Ausbildung oder berufliche Erfahrung mit den Kindern auf der Strecke, schlittert sie sehr schnell in eine bedenkliche, finanzielle Schieflage. „Manche dieser Frauen stehen alleine da und kein familiäres Netz fängt sie in dieser Krisensituation auf. Für diese Frauen ist der Alltag zwischen Job und Kinderbetreuung der reinste Hürdenlauf. Die Lage spitzt sich zu, wenn Kinder häufiger krank werden und der Arbeitgeber auf Grund von Fehlzeiten kündigt“, schildert Dir. Pinter und verweist zusätzlich auf die Steigerung der Arbeitslosigkeit bei Frauen im Burgenland um 10,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
 „Aus diesem Muster sind die meisten Vorgeschichten unserer KlientInnen gestrickt“, berichtet die Caritas Direktorin.

Was tut die Caritas?


„Ich mache den Briefkasten auf und bekomme schon die volle Panik! Schon wieder ein Haufen Rechnungen. Was ist, wenn ich die Miete nicht mehr bezahlen kann und auf der Straße sitze? Können sie mir meine Kinder wegnehmen? Bin ich eine schlechte Mutter?“ mit diesen Existenzsorgen kommen viele Frauen zur Caritas. „Angst und Scham sind schlechte Begleiter und führen diese Frauen immer mehr in eine freiwillige Isolation. Viele verlieren dadurch auch ihr soziales Netzwerk.
Wir helfen in dieser kritischen Phase in unseren fünf Sozial- und Notfallberatungen in Neusiedl, Eisenstadt, Oberwart, Güssing und Jennersdorf und versuchen durch intensive Betreuung gemeinsam neue Perspektiven zu erarbeiten“, erläutert Uli Kempf, Caritas Pressesprecherin.

Der Caritas Laden

Je nach Bedarf erhalten die KlientInnen Gutscheine, um sich im Caritas Laden – der Carla – mit dem Allernötigsten, wie warme Kleidung, Möbel und Geschirr, einzudecken.  2015 wurden in der Carla Gutscheine in einem Gesamtwert von rund 70.000,-- Euro an Menschen in Not ausgegeben. Das entspricht einer Steigerung von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Immer mehr Menschen können sich die Einrichtung eines Kinderzimmers oder einer Küche nicht mehr leisten und sind auf die Unterstützung durch die Caritas angewiesen.

Ein Dach über dem Kopf

Traurig aber wahr, es gibt sie auch im Burgenland: Menschen, die alles verloren haben. Auch ihr Zuhause. Gerade im Winter ist es bitter alleine auf der Straße zu stehen. Unterschlupf und Betreuung bietet die Caritas in ihrer Notschlafstelle für Männer in Oberwart. Hier bekommen sie warmes Essen, ein Dach über dem Kopf und die Zeit, um wieder Kontrolle über ihr Leben zu finden.

Die Lerncafés

„Bildungsarmut ist erblich. Deshalb ist uns die gratis Nachhilfe und Nachmittagsbetreuung in den Caritas Lerncafés als Mittel der Armutsbekämpfung sehr wichtig. Innerhalb der letzten fünf Jahre entstanden neben Mattersburg drei weitere Standorte in Neusiedl, Eisenstadt und Oberwart. Diese Lerncafés sollen auch im nächsten Jahr qualitativ und quantitativ ausgebaut werden. Mit dem Einsatz einer Koordinatorin wurde dazu der erste wesentliche Schritt gesetzt.


Jedes Kind braucht Rückenwind. Manche Mamas auch.

Mutter sein ist gar nicht so einfach. Für manche ist es noch schwieriger. Im Caritas Mutter+Kind=Haus finden junge, alleinstehende Mütter ohne familiären Halt vorübergehend ein neues Zuhause. Hier werden sie von Sozialpädagogen betreut, um zu lernen, eine verantwortungsvolle, liebevolle und auch selbstständige Mama zu sein. „Im Herbst wurde das Haus fertiggestellt, die erste Übersiedlung von Mutter, Kind & Kegel ist in vollem Gange und wir bekommen von den zuständigen Stellen sehr positives Echo. Der Bedarf ist gegeben, daher werden wir die Möglichkeit überprüfen, ein weiteres Mutter+Kind=Haus mit Hilfe unserer SpenderInnen in den nächsten Jahren zu eröffnen.

Caritas Sonntag

Rund um den Namenstag der hl. Elisabeth – der Caritas Schutzpatronin -  bittet die Caritas um Spenden für Menschen in Not im Burgenland. Mit dieser Sammlung werden so wichtige Projekte wie die Notschlafstelle, das Mutter+Kind=Haus, die Lerncafés und die Nothilfe der Caritas finanziert.
Im Vorjahr haben zahlreiche BurgenländerInnen über € 95.000.- gespendet.

Sowohl als auch

„Gemeinsam bauen wir Brücken und keine Zäune. Gemeinsam helfen wir Menschen in Not. Ohne ein Wenn und Aber, ohne ein Entweder-Oder, sondern mit einem Sowohl-als-auch!“, bringt Edith Pinter die Aufgabe der Caritas auf den Punkt und bedankt sich abschließend bei allen SpenderInnen und freiwilligen HelferInnen, die so engagiert die Arbeit der Caritas unterstützen.  

Spendenkonto für die Caritas Inlandssammlung:

Raiffeisenlandesbank IBAN:  AT34 3300 0000 0100 0652 BIC RLBBAT2E
Kennwort: Mütter in Not im Burgenland
Erlagscheine bei allen Postämtern, Raiffeisenbanken, Erste Bank und Sparkassen.
Am Sonntag, 22. November 2015, wird in den katholischen Pfarren der
Caritas-Sonntag gefeiert und für die Caritas Inlandssammlung gesammelt.


Ihre Spende hilft:

Mit EUR 20,-  kann eine Familie Lebensmittel für eine Woche einkaufen
Mit EUR 25,-  statten Sie eine Familie mit zwei Kindern mit warmen gebrauchten Jacken und Wintermänteln aus dem CARLA Shop aus
Mit EUR 30,- ermöglichen Sie einer Mutter einen Monat lang, zumindest einen Raum ihrer Wohnung für die Kinder zu heizen.

Werden Sie Pate:
Mit EUR 33,- monatlich schenken Sie einer Mutter und ihren Kindern eine Nacht im Mutter+Kind=Haus.


Wussten Sie, dass rund …..

…    63.400 BurgenländerInnen (22%)
    keine unerwarteten Ausgaben tätigen können?

…    23.050 Burgenländer (8%) es sich nicht leisten können,
    einmal im Monat Freunde oder Familie
    zum Essen einzuladen?

…    23.050 BurgenländerInnen (8%) sich aus Geldmangel
    nicht ausgewogen ernähren können?

…    5.760 BurgenländerInnen sich
    notwendige Arztbesuche nicht leisten können?

Jede/r 7. BurgenländerIn ist armuts- oder ausgrenzungsgefährdet

    Am stärksten betroffen sind
•    Familien mit drei oder mehr Kindern
•    Nicht-ÖsterreicherInnen
•    Langzeitarbeitslose Menschen
•    AlleinerzieherInnen